Katharina Klement – jalousie
Soli & small ensemble pieces
Auf dieser im Herbst 2012 erschienenen CD finden sich Werke von Katharina Klement, die im Zeitraum von 2008-2012 entstanden sind: eine Auswahl von Soli und Kleinbesetzungen, immer im Spannungsfeld zwischen instrumentalem und elektronischem Zugang, ebenso zwischen Komposition und Improvisation.
Die Vielfalt an musikalischer Transformation ist das durchgängige Thema für alle Stücke. Das titelgebende Stück Jalousie versucht beispielsweise konkrete Außenaufnahmen eines Orts auf Saxophonquartett zu übertragen.
Auch für alle anderen Stücke wird das Prinzip der Jalousie zum mehr oder weniger durchlässigen „Umschlagplatz“ für musikalische Brüche, Sprünge, Spiegelungen.
Mitwirkende :
Krassimir Sterev, Akkordeon
Stefan Neubauer, Bassklarinette
Thomas Grill, live-Elektronik
Roland Schueler, Cello
Robert Corazza, Klarinette & Bassklarinette
Thomas List, Blockflöten
Daniel Lercher, live-Elektronik
Harald Müller, Altsaxofon
Barbara Schickbichler, Tenorsaxofon
Peter Girstmaier, Baritonsaxofon
Alfred Reiter, Bass-Saxofon
Katharina Klement, Komposition & Klavier & Elektronik
Recording, mixing, mastering:
Alfred Reiter
Cover:
Marufura Fufunjiru
Reviews:
'Transfomation' ist das Hauptmotiv der auf Jalousie (nc46) versammelten Kompositionen von KATHARINA KLEMENT (*1963, Graz). Da wäre zuerst das mit Dopplereffekt vorüber brummende 'solo 2' für [Piano] & Electronics. Dem folgt das knarrend umeinander schmatzende, dröhnende und schmauchende 'portrait' für Bassklarinette, Akkordeon & Electronics, in dem Akkordeon und Bassklarinette gegenseitig bis zum Verwechseln gespiegelt werden. 'noise: s onie' für Cello solo versucht sich selbst als sonore 'stille Post' voran zu bringen, während geräuschhafte Kontrapunktik zugleich dialektisch eingreift. 'mihrab' für Blockflöten, (Bass)-Klarinette & Electronics meint jene leere Nische, die in Moscheen den Propheten vergegenwärtigt. Die Bläser umzittern diese Lücke im mikrotonal gurrenden Wechselspiel von Unisono und Polyphonie. 'HOPE' für Piano & 2 Tactile transducers (bass shakers) ist der 3. Akt von 'In Search of Opera without Opera' und lässt ein Pianomotiv in sich selber kreisen, wobei es immer mehr verschliffen wird. Bei 'Jalousie' für Saxophonquartett schließlich intoniert das Danubia Saxophone Quartet strukturell analysierte und musikalisch transformierte Geräusche, wie sie bei offenem Fenster durch die Jalousie dringen, wobei sich Regen wie pointillistisches Getüpfel anhört. Wenn auch nur subtil und nichtlinear, Kommunikation und Transmission sind immer auch Transformation, immer eine Art Übersetzung, die mit Bedeutungsverlust, -verschiebung- oder -gewinn verbunden ist, mit Metaphorisierung, mit Filtern, Ein- und Ausblenden, mit Détournement. Der Musikschmied ist der erste 'Transformer', heißt es bei Deleuze/Guattari, und als solcher ein Partisan des Alltags. Und der Hörer natürlich gleichzeitig der zweite. Dabei gibt es eine Tendenz, alles als Information zu deuten, jeden Sound symbolisch zu hören, alle 'Details' als 'Clues' zu nehmen, ein Reflex, vor dem The Manual of Detection dringendst warnt. Klement wirbt dafür, zwischen A und B zu zögern und zu lauschen.
Bad Alchemy
Something entirely different is the release by Katharina Klement, who is a composer of the modern serious modern music, it's on that crossroad where one sign says 'composition', one says 'improvisation', 'electronic' and 'acoustic'. The six pieces here are from the period 2008-2012 and are for 'piano and electronics', 'bass clarinet, accordion, electronics', 'cello solo', 'recorders, (bass) clarinet, electronics', 'piano and two tactile transducers (bass shakers)' and 'saxophone quartet'. The first piece is a great one, with a whole bunch of clustered piano sounds and electronics, making an excellent piece of near stasis in music. That is not repeated, unfortunately, in the other five pieces here. Here we have something that reminds me much more serious modern classical music which sounds like improvised music - nervous, hectic playing, but on a decent, civilized level. Music that appears on labels such Carrier Records, and which seriousness is perhaps not always my kind of tea.
Instinctually you realize this is some fine music, but perhaps I am not the right kind of person for it. It's music that always remains a bit too distant for my liking.
Vital Weekly
Zeitgenössische Komponistinnen gibt es zum Glück allmählich mehr. Ob das daran liegt, dass Komponieren tatsächlich noch eine Männerdomäne ist, sei dahingestellt. Sicher ist, dass es für einen zeitgenössische/n Komponist nicht leicht ist, die eigenen Werke auf CD zu bannen. Katharina Klement hat sich, wie sie sagt, diesen »Luxus« gegönnt - und dafür darf man dankbar sein. Zwar war es vielleicht nicht die strategisch beste Entscheidung, mit einem Cluster-Stück wie »Solo 2« zu beginnen, denn obwohl fein durchdacht ist der Höreindruck eines Kontinuums doch allzu wohlbekannt. Doch damit genug der Nörgelei, schon »Portrait« beweist die Qualitäten der Komponisten, die selbst eine wunderbare Improvisationsmusikerin ist. Im Trio »Portrait« porträtieren sich Bassklarinette, Akkordeon und Live-Elektronik gewissermaßen selbst, ein diffiziles Spiel der Identitäten entfaltet sich. »Noise: s onie« ist ein Solostück für Cello von ebenso spröder wie verhaltener Schönheit. Obwohl sich alle Kompositionen mehr oder weniger um ineinander verschobene, in sich gefaltete, geschichtete und zerfließende Motive drehen, taucht im Hörerlebnis stets auch das Dahinhauchen und Anblasen von Tönen auf. Die häufige Verwendung von Blasinstrumenten unterstreicht das, aber selbst das Cello scheint an manchen Stellen beinahe zu atmen. Ähnlich auch in »mihrab«, wo das Spiel mit einer orientalischen Mikrotonalität noch hinzu kommt, oder im Titelstück »Jalousie«, einem sich als Kaleidoskop verstehenden Saxophonquartett. Immer wieder findet sich das Motiv des Hauchens oder Schwebens, das dem Werk der Komponistin buchstäblich einen unverwechselbaren Atem verleiht - auch die Pianoinstallation »HOPE« löst sich ja im Sphärischen auf (weswegen »Solo 2« in thematischer Hinsicht eben doch ganz gut an den Anfang passt). Unterm Strich ergibt das eines der reichhaltigsten Hörerlebnisse im Reich der zeitgenössischen Musik seit langer Zeit. Es steht zu befürchten, dass »Jalousie« leicht übersehen wird, versteckt hinter Werken, die sich mit radikaleren Ansätzen oder einem ironischen Gestus (neuerdings recht modisch) stärker ins ohnehin schmale Rampenlicht der zeitgenössischen Musik drängen. Ein dringliche Bitte darum an die Lichttechniker des Zeitgeistes: Den Scheinwerfer schwenken, diese CD beleuchten! Danke.
skug
Jalousien, sie verdecken, lassen erahnen oder aber mehr durchscheinen als gedacht, je nach Modell, je nach Einstellung. Katharina Klements auf dieser CD vereinten Kompositionen lassen auch immer wieder ahnen, durchscheinen: konkrete Klänge, Originalklänge, die subtil transformiert wurden. Oder aber sie verdecken das Original, wie etwa in dem Stück für Saxofonquartett, das der CD den Namen gab: Jalousie. Dieses Werk stellt damit nicht zuletzt – durchaus skeptisch – die Frage, inwieweit Sinngehalt überhaupt übertragen werden kann. Alltagsgeräusche, aufgenommen an stets demselben Ort zu unterschiedlichen Zeiten, bei geschlossener Jalousie, sie hat die Komponistin mittels Klangsynthese analysiert und für Saxofonquartett re-synthetisiert. Eine Bearbeitung der speziellen Art, eine Transformation, die letztlich auch darauf verweist, dass, geht man einen Denkschritt weiter, verbale Botschaften nicht so ohne weiteres in Musik übertragen werden können – außer man erläutert, wiederum verbal, worum es geht ... Doch zurück zu Katharina Klement und zu ihren kammermusikalischen Werken. Die CD Jalousie vereint unglaublich dichte, präzise Stücke, deren Klanglichkeit gerade im Detail von großer Farbigkeit nur so sprüht. Dicht bedeutet hier nicht unbedingt laut oder von hoher Klangballung, wohl aber voller Spannungs- und Reibeflächen, ob in Unisono-Passagen oder in wechselnden Motivumspielungen, wie etwa in „Mihrab“ für Blockflöte, Bassklarinette und Live-Elektronik oder in scheinbar simplen Repetitionen, die kontinuierliche Farb- und Spektrenerweiterung erfahren, die den Klavierklang, allein mittels Transducern und erneuter Aufnahme, zum Schillern und Leuchten bringen, ihn gleichzeitig organisch transformieren und dabei jedoch stets durchscheinen lassen. Ein neues Instrument scheint zu erklingen. Subtilität, das ist ein Stichwort, das auf die Arbeit Katharina Klements immer wieder zutrifft. Subtil und genau ist sie zum Beispiel im Umgang mit Klangmischungen. Die Elektronik wird dabei selten als Kontrapunkt, als Kontrastfarbe eingesetzt (und wenn, dann ganz gezielt). Immer wieder dient sie, höchst organisch gearbeitet, der feinen Klangtransformation, der Klangerweiterung, dem Farbspiel. Höchst empfehlenswert! (pol)
freiStil
Katharina Klement è una compositrice austriaca che nella sua lunga e corposa carriera si è dedicata sia all'improvvisazione che alla scrittura, spaziando principalmente tra la musica contemporanea e l'elettronica; in questo Jalousie sono raccolti sei lavori composti tra il 2009 e il 2012, con piccoli ensemble o in solo: con le idee e i temi trattati qui, altri musicisti avrebbero portato avanti non un disco, ma una intera carriera. Ogni brano è suonato e registrato con un livello qualitativo eccelso e le composizioni vivono di vita propria senza che se ne conosca il procedimento o la natura che le ha generate, ma alla luce di quanto puntalmente scritto sul libretto tutto acquisisce una nuova luce e ammanta ulteriormente di fascino questo disco eccellente. I sessanta diversi suoni di piano mescolati tra di loro nell'immaginifico drone di Solo 2 sono un ottimo inizio, tra Thomas Koner e Ligeti; questo è l'unico pezzo solamente elettronico del disco che per il resto vive tutto della commistione tra il digitale e gli strumenti: piano (lo strumento di Katharina), clarinetti, violoncelli e sassofoni. Il tema del ritratto fa sì che in Portrait ogni strumento giochi ad interpretare l'altro in un rimando portentoso; il rumore come parte stessa del processo musicale durante la ritrasmissione del suono è il tema di Noise: S Onie, dove il violoncello descrive a meraviglia il concetto. La nicchia vuota presente in ogni tempio islamico ricorda la presenza del profeta: su questo vuoto che rammenta un pieno si basa Mihrab, con clarinetti ed elettroniche a descrivere attraverso la dualità monofonico/polifonico (richiamando così anche la dualità oriente/occidente) e questo ossimoro ha come risultato un brano molto "mistico". HOPE è composto da frasi di piano replicate da due trasduttori che usano la cassa dello stesso strumento, in un gioco di echi affascinante. Registrare a diverse ore del giorno e della notte il suono della strada attraverso le persiane chiuse (Jalousie in austriaco, molto simile al genovese Giöxîa) e poi trasformarlo, anzi ricomporlo in una partitura per un quartetto di sassofoni ha del meraviglioso: il suono della pioggia e delle auto fatto musica è bellissimo.
Più descrivo più mi accorgo che Jalousie è più musica che parole, e quindi il consiglio vivissimo è quello di ascoltare questo disco, vedrete che non vi deluderà.
Sodapop
In der Österreicherin KATHERINA KLEMENT publiziert der Grazer Verlag Chmafu Nocords ein musikalisches Schwergewicht, deren anspruchsvolle Melange auf “Jalousie“, aus Kompositionen und Improvisationen gleichermaßen bestehend, nach ungeteilter Aufmerksamkeit verlangt, ansonsten verliert sie/ er flux den roten Pfaden und anstatt eines Hörerlebnis bleibt am Ende das nichtssagende Chaos übrig.
Solange Chmafu Nocords Releases den Weg auf unsere Schreibtische fanden, wussten sie durchweg mittels ihrer Eigenständigkeit zu überzeugen, so auch die CD “Jalousie” von KATHARINA KLEMENT, welche zudem durch sein passendes schwarzweißes Artwork (by Marufura Fufunjiru) auffällt, das hervorragend den inhaltlichen Kern (Transformation/ Verschiebungen) visualisiert.
Stellvertretend für die Gesamtheit steht der Titeltrack ‘Jalousie‘, wo das Danubia Saxophone Quartett (Harald Müller, Barbara Schickbichler, Peter Girstmaier & Alfred Reiter) eine konkrete Feldaufnahme, die Geräusche einer Jalousie, auf seine Instrumente bzw. Spielweise anwendet, wodurch detailreiches Fest für die Ohren emporsteigt, das nicht im ersten Hördurchlauf seinen kompletten Charme & Reiz versprüht, sondern einige “Begegnungen” zur totalen Evaluierung benötigt. Dieses Anwenden von äußeren Umständen oder sonstigen Begebenheiten zieht durch das komplette Album, dessen Tracks im Zeitraum von 2008 – 2012 entstanden und ausschließlich Soloarbeiten oder Kleingruppen umfasst, denen die ausgebildete Musikerin & Dozentin KATHARINA KLEMENT ihren persönlichen Stempel aufdrückt, der rein instrumenteller und elektronischer Natur ist.
Musiktheoretikern bzw. Musikwissenschaftlern dürfte “Jalousie” von KATHARINA KLEMENT in seiner Gesamtheit ein Muss wie Heil sein, hingegen ungeübten Ohren könnten die 6 Kompositionen/ Improvisationen höchst fragwürdig vorkommen, in denen Stringenz nur rudimentär auftaucht. Konzentriertes Zuhören, welches sie/ er Lernen (inklusive Geduld) kann, sind ein Muss, um die schwierigen, teilweise monotonen, Tondokumente zu erfassen, in denen klassische Instrumente wie Klavier, Klarinette & Saxophone die erste Geige spielen, aber auch elektronische Effekthaschereien bestimmen das Klangbild von “Jalousie“, weshalb sich der Rezipientenschaft ein abwechslungsreiches wie intensives Schmankerl für die Lauscher offenbart!
Anspieltipp? Bei derart speziellen Veröffentlichungen wie “Jalousie” von KATHARINA KLEMENT gilt der Satz: “Love it or hate it, but taste it!“!
Fazit:
Individuen, die die besondere Herausforderung für ihre Ohren (und den Geist) suchen, sollten “Jalousie” von KATHARINA KLEMENT unbedingt ihre Eigen nennen, welches die Normalität garantiert verstört, aber die gebildete Elite fasziniert – meine absolute Empfehlung!
Kulturterrorismus
This is astonishing.
This sounds like someone drilling into my head with a piece of fluff.
This is equally the most beautiful and the most terrifying thing I've ever heard.
Everything about this is perfect. Look at that front cover – fucking excellent and the back is just the cover but in reverse, white lines on a black background. No easy answers here.
This will still be playing after the sun has gone supernova and people will still be wondering what the shit it's all about.
This is the soundtrack to every passing second as a dead man walks toward the chair.
collective zine
Abstrakte Kompositionen, die langsam wachsen und mutieren. Den Stuecken sin theoretische Texte und Entstehungsgeschichten beigefuegt, die oft den notwendigen Kontext aufspannen, um diese verstaendlich zu machen.
Rokko's Adventures