Katharina Klement – Drift

 


 
 
 
 
Drei Kompositionen aus den Jahren 2014/15 sind auf dieser CD vereint:
„Wie Tag und Nacht“ für 3 Zithern und Elektronik
„in dem HIMMEL benannten Darüber“ für zwei Ensembles (subshrubs und PHACE)
„Drift“ für Orgel und Elektronik

Erst in der Zusammenstellung dieser drei Stücke gaben sich unterirdische Zusammenhänge preis: allen gemeinsam ist eine dunkle Tönung, die in das jeweilig benachbarte Stück hineinfließt bzw. ausstrahlt. „Wie Tag und Nacht“ wurde während eines längeren Aufenthalts in Belgrad geschrieben, „in dem HIMMEL benannten Darüber“ bezieht sich u.a. auf den Ex-Jugoslawien-Krieg der 1990er, und „Drift“ schwebt zwischen der Hörbarkeitsgrenze und gewaltigen Klangvolumina.
Allen Stücken ist das Unzynische eingeschrieben, spiegeln sich ineinander und widerspiegeln die Elemente unserer Gegenwart.
Drift steht also für ein Dazwischen, fürs Liminale, die Fähre über den Fluß der Musik, den nicht fixierbaren Ort des Übergangs von einem zum anderen oder dem anderem
zum einen. Drift bedeutet das passive dem Dazwischen Ausgeliefertsein als auch die Praxis der Verschiebung. Die Stücke resonieren mit der Verlagerung in den Elementen unserer Zeit. Sie befinden sich in einer nicht auflösbaren Liminalität, oder einem musikalischen Schweben, zwischen akustischen und elektronischen Elementen. Das Ankommen auf einer Seite, oder eine Zuordnung, ist nicht beabsichtigt. Existenzieller ist die poetische Ungebundenheit des unzynischen Tuns dazwischen.
So beschreibt Philipp Schmickl in seinem Text zu dieser CD die Musik.

Mit der CD „Drift“ veröffentlicht Katharina Klement nach „jalousie“ (CD), „deepseafish“ (LP) und „Hoverload“ (CD) bereits ihren vierten Tonträger bei chmafu nocords.

http://katharinaklement.com/

Reviews:

Drei Kompositionen aus den Jahren 2014/15 sind auf dieser chmafu-CD vereint: Wie Tag und Nacht für drei Zithern und Elektronik, geschrieben für das Zithertrio Greifer (Martin Mallaun, Reinhilde Gamper & Leopold Hurt) und von diesem, wie der Verfasser dieser Zeilen eidesstattlich bezeugen kann, in der Alten Gerberei St. Johann/T vorzüglich interpretiert; hier dokumentiert ist ein Mitschnitt eines IGNM-Konzert im ORF-Radiokulturhaus. Das Zitherstück beschäftigt sich sinnbildlich mit dem Übergang von Tag und Nacht bzw. umgekehrt, mit der Zeit dazwischen, in der noch Unklarheit über ihre Bezeichnung herrscht. in dem HIMMEL benannten Darüber für zwei Ensembles (subshrubs und PHACE) geht auf eine Initiative des wien-modern-Themas 2015, Pop/Song/Voice, zurück, spürt dem Verhältnis von Musik und Sprache bzw. Text nach sowie jenem von konkreter und abstrakter Musik. Überwiegend improvisiert von den subshrubs (neben Klement: Angélica Castelló, Maja Osojnik & Tamara Wilhelm), überwiegend an die Partitur gehalten von Mitgliedern des Ensembles PHACE, beschäftigt sich Klements Mischform aus Fixierung und Flexibilisierung mit zwei Texten: Veronika Seyrs Forellenschlachten (Jugoslawienkrieg) und Heiner Müllers Bildbeschreibung (Gewaltmöglichkeiten, aus: Shakespeare Factory 1). Zu guter Letzt nimmt das Titelstück Drift für Orgel und Elektronik auf den anfänglichen Gedanken von Wie Tag und Nacht Bezug: als Annäherung an den Übergang von einer Phase in eine andere, an dem Moment einer konkreten Veränderung. Wolfgang Kogert spielt darin die Orgel, Klement die Electronics. „Erst in der Zusammenstellung dieser drei Stücke gaben sich unterirdische Zusammenhänge preis: allen gemeinsam ist eine dunkle Tönung, die in das jeweilig benachbarte Stück hineinfließt bzw. ausstrahlt“, schreibt Philipp Schmickl in den Liner Notes zu Drift. Post scriptum, weil phänomenal: Katharina Klements CD-Präsentation im Grazer Volkshaus in Form einer strukturierten Improvisation an Zither und Elektronik. State of the Art.
freiStil

Das erstaunliche Sortiment von Chmafu Nocords in Graz sollte durch die "Compilations #1 (zu BA 80) & #2" (zu BA 81) ebenso ein Begriff sein wie durch die verdienstvolle "DAMN!"-Reihe. Klement ist auf beidem zu finden und zudem durch "Jalousie" (2012), "Offshore Zone" (2015) mit deepseafishk und "Hoverload" (2016, mit Martin Siewert) eine eingeführte Größe. "Peripheries" (2017), ihre Klangbilder aus Belgrad auf Gruenrekorder, und "Orbital" (2017), ihr triradikales Freispiel mit Kaja Farszky & Annette Giesriegl auf Creative Sources, habe ich zwar versäumt. Aber hier darf ich nun wieder mitreden über drei elektroakustische Kompositionen von ihr. "wie Tag und Nacht" für Diskant-, Alto-, Basszither & Electronics, dargeboten vom Trio Greifer, führt durch Abenddämmerung und Morgengrauen zur sinnlichen Erfahrung, ob der Wechsel von Tag und Nacht allmählich oder letztlich abrupt vonstatten geht. Drahtig plonkendes Stakkato verunklart dabei in Nachhall und sich hinziehenden, bebenden, stehenden Dröhnwellen und Schraffuren. Bei "in dem HIMMEL benannten Darüber", performt vom mit Blockflöten, Piano & Electronics bestückten Quartett subshrubs aus Angélica Castelló, Maja Osojnik, Tamara Wilhelm & der Komponistin gemeinsam mit dem 6-köpfigen Kammerensemble PHACE (in dem ich die Geigerin Barbara Lüneburg erkenne), geht es Klement um die gegenstrebige Fügung von 'konkret' und 'abstrakt'. Ersteres in Gestalt von Textfragmenten aus "Forellenschlachten, 33 Briefe aus dem vergessenen Krieg" von Veronika Seyr, die Osojnik in den Mund gelegt sind. Letzeres als die klopfende, pustende, paukende, mit Vibes, Streichern, Klarinetten und Saxophonen helldunkel rumorende Verklanglichung von Heiner Müllers 'Bildbeschreibung' aus "Shakespeare Factory 1", die selbst schon als intertextuelle 'Übermalung' aus der "Alkestis" und "Odyssee", aus Hitchcocks "Vögel", Shakespeares "Sturm", No-Theater und Magritte gestaltet ist. Der tatsächliche Gegenstand und gemeinsame Nenner ist Gewalt. 'Drift' schließlich, für Orgel (Wolfgang Kogert) & Electronics (Klement selbst), strömt und sinuswellt sich mit schillernden Spitzen, wummrigem Grollen, changierendem Brausen, dröhnendem Forte. Die Klänge quallen, liquid, liminoid [betwixt and between], sie berühren sich, stoßen sich ab, beeinflussen sich gegenseitig in einem kollektiven Schwärmen, das seinen Partikeln keine scharfen Abgrenzungen erlaubt.
[Bad Alchemy 101 rbd]

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