Damn 4 + 5
Lotte Anker, Kaja Draksler, Katharina Ernst,
Viola Falb, Annette Giesriegl, Gunda Gottschalk,
Anna Högberg, Maya Homburger, Charlotte Hug,
Agnes Hvizdalek, Elene Kakaliagou, Anne La Berge,
Okkyung Lee, Lissie Rettenwander
Schlechte Zeiten, gute Saiten. Also freuen wir uns so uneingeschränkt über eine neue freiStil-Samplerin, dass wir gleich zwei daraus gemacht haben. Und das Beste – neben der großartigen Musik selbstverständlich – ist der Umstand, dass der überwiegende Großteil davon extra für DAMN! 4+5 zur Verfügung gestellt, teilweile sogar extra dafür eingespielt wurde. Herzlichen Dank an alle Mitwirkenden! Dass das Ganze in miserabler politischer Umgebung stattfindet, von der rechtskonservativen plus rechtsextremen Regierung Österreichs über jene in Nachbarländern bis hinüber zum „rassistischen Vollidioten mit orangen Haaren“ (Zitat Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison), macht die avancierte bis subversive Musik nicht unbedingt besser, nicht unbedingt schlechter, aber unbedingt notwendiger!!
Die Palette der intensiven Musiken auf dieser intensiven Doppel-CD reicht von hier bis dorthinaus, von der konzeptuellen Komposition einer Anne La Berge und einer Lissie Rettenwander über freie Improvisation in den Schattierungen von Anna Högberg, Lotte Anker & Okkyung Lee, von Annette Giesriegl und Maya Homburger bis hinüber zu diversen, glühenden Mischformen von Kaja Draksler, Elena Kakaliagou, Agnes Hvizdalek, Viola Falb, von Katharina Ernst und nochmals Okkyung Lee – unter Berücksichtigung der open minded Violinistinnen zeitgenössischer (Charlotte Hug), exotisch anmutender (Gunda Gottschalk) und Barockmusik (nochmals Maya Homburger).
Reviews:
V/A DAMN! freiStil-Samplerinnen 4+5 (chmafu nocords, 2 x CD): Gegen den schwarz-blauen Rollback in Ö und um Ö herum ein 15-faches Verdammt! aus berufenem Frauenmund. Als 21- stimmige Demo für Abenteuerlust und alle möglichen feinen Unterscheidungen, außer der zwischen Herren & Damen, wenn's um Respekt oder die Kohle geht. Die schon vorgestellte Damn!-Riege aus Liz Albee, Alison Blunt, Cordula Bösze, Carla Bozulich, Maryclare Brzytwa, Angélica Castelló, Kris Davis, Isabelle Duthoit, Ingrid Eder, Tanja Feichtmair, Elisabeth Flun- ger, Maria Frodl, Susanna Gartmayer, Elisabeth Harnik, Marika Hughes, Irene Kepl, Carla Kihlstedt, Katharina Klement, Ingrid Laubrock, Patrizia Oliva, Maja Osojnik, Ushi Reiter, Ilse Riedler, Elisabeth Schimana, Ingrid Schmoliner, Dorothea Schürch, Petra Stump, Judith Unterpertinger, Ute Völker und Manon Liu Winter erweitern nun: die Kopenhagener Tenor- saxophonistin Lotte Anker, die mit Okkyung Lee am Cello und Paul Lovens an Drums improvisiert, und Lee gibt solo noch eine Zugabe mit einem keyboardistisch georgelten und geklimperten Computersounddrehwurm. Elsa Bergman, die schwedische Leaderin von Elsas Eget Omdöme, lässt ihren Kontrabass brummen zusammen mit dem surrenden Bari- tonsax von Anna Högberg (von Attack, Fire! Orchestra, Pan-Scan Ensemble, Dog Life). Kaja Draksler aus dem slowenischen Kranj leitet ihr Octet mit Ada Rave an Klarinette und Gesang von Björk Níelsdóttir & Laura Polence bei 'The Builder' (von der Clean-Feed-CD "Glendalec"). Katharina Ernst, wie Draksler 1987, aber in Wien geboren und bekannt durch Ventil, mit Martin Siewert als Also oder mit Kazuhisa Uchihashi als Global Warming, klopft hier allein präpariertes Tamtam. Viola Falb, Niederösterreicherin des Jahrgangs 1980, bläst Altosax in FS:eins, ihrem Duo mit technoiden Electronics von Bernd Satzinger. Kaja Farszky, eine kroa- tische Perkussionistin in Brüssel, bildet zusammen mit der Innsbruckerin Annette Giesriegel (vom Barcode Quartet) an Vocals & Electronics und wieder Katharina Klement aus Graz am Piano Redox. Gunda Gottschalk geigt mit Ute Völker am Akkordeon 'Von Gräsern und Wol- ken' zu mongolischem Urtiin-Duu-Gesang der Schwestern Samdandamba. Maya Homburger spielt auf der Barockvioline zusammen mit Barry Guy, Lucas Niggli und Jürg Wickihalder 'Art' von Steve Lacy und alleine ein Adagio von Bach. Die Zürcherin Charlotte Hug zaubert mit Stimme, Bratsche & Electronics 'Tides of Synapses'. Agnes Hvizdalek, eine Wienerin in Oslo, ist die stimmliche Hälfte von Demi Broxa, Jakob Schneidewind die elektronisch po- chende. Elena Kakaliagou aus Volos ist in Berlin mit Zeitkratzer, Zinc & Copper und x wei- teren Projekten aktiv, hier faucht und beblubbert sie ihr Waldhorn und heraus kommt 'tarA'. Anne La Berge präsentiert in Amsterdam ihr hörspieldramatisches 'Utter' for narrator, flute and Kyma System. Und Lissie Rettenwander schließlich, eine eigenartige Liedermacherin in Innsbruck und Frontfrau bei Die Behörde gewesen, lässt hier, ohne zu singen, aber mit dem gleichen Spirit wie beim 'Serious Shoegazing' ihres Soloalbums "Inside" (2013), mit Stimm- gabel, Holzkiste & Electronics 'Diapason 333' kreisen (ihr taugen ja auch Zither, Nähmaschi- ne, Metronom und Eieruhr als Instrumente). Auch wenn mir Watschen drohen, kann ich mir ein multibles Küss die Hand nicht verkneifen. PS: Den Text zum Ton liefert kontinuiertlich das Magazin freiStil, das bei der aktuellen #79 schon wieder einen Schritt weiter ist mit einem Porträt der Bassistin Nina de Heney. Oder, zum internationalen Frauentag 2017, die mica- Reportage Die weibliche Handschrift in der österreichischen Musik [mica steht für www.musicaustria.at]. Und natürlich die BA-Reihe.... ->
Bad Alchemy
Unerhörte Töne als Nachlese serviert freiStil, das „Magazin für Musik und Umgebung“ (freistil.klingt.org) sechs Mal pro Kalenderjahr frei Haus in die Briefkästen dieser Welt. Diese unerhörten Sounds gibt es in unregelmäßigen Intervallen dann auch zum Nachhören. Damn!, die freiStil-Samplerinnen, streuen regelmäßig Sound ins Getriebe konventioneller Hörunarten. Es tröpfelt, es kratzt, es dröhnt … komponiert, improvisiert, nicht immer in Fahrtrichtung, viel öfter gegen den Strich, dafür immer aus vollster Überzeugung. Ein rares, teil unveröffentlichtes, zeitgenössisches, feministisches Statement und vor allem eines: ein intensives Hörerlebnis jenseits des alltäglichen Getöses. Auf „verdammte“ Hervorhebungen wird verzichtet, das Gesamtkunstwerk zählt! Diese Samplerin lässt sich nur schwerlich nachpfeifen, gerade eben darum: Vorwärts, freiStil – noch mehr Sound ins Getriebe! (Lama)
Augustin
Bad time. Good Sounds. «The DAMN!» Double-disc sampler of female musicians-composer-improvisers-sound artists (with some male comrades) was initiated by the Austrian label chmafu nocords and the Austrian magazine freiStil as a response to the victory of the proto-fascist Black-Blue in Austria. These singular, creative and forward-thinking musicians suggest a feminist antidote to the xenophobic, chauvinistic and misogynist policy of the current Austrian government and its sexual objectification of the feminine body and its contempt of art. You can also take it as a timely call to the music industry that continues to degrade left-off-center female musicians. Art of any form and kind is at its best when it introduces subversive ideas and challenges power structures.
Most of the pieces in this sampler were not released before, some were recorded live and in studio, though there is not enough information about the location and the timing of the recording of each piece. All the musicians are Europeans or reside in Europe, except New York-based cellist Okkyung Lee. All offer a spectrum of today’s most adventurous and open-minded music, encompassing experiments in electronics, free improvisations, free jazz and baroque and contemporary music.
The first disc highlights compositions and improvisations with strong and provocative electronics elements, edited eleverly as narrative that begins with a disturbing soundscape-story by Amsterdam-based Anne La Berge; continues with the dark improvisation of Swiss Charlotte Hug and moves to the already released track from the debut album of the Redox trio (on Creative Sources) – Austrian vocalist Annette Giesriegl and pianist Katharina Klement with Croatian percussionist Kaja Farszky. The Austrian duo Demi Broxa – vocal artist Agnes Hvizdalek and electronics player Jakob Schneidwind – injects a lighter vein, merging the experimental vocal techniques of Hvizdalek with hypnotic, repetitive techno beats of Schneidwind, followed by a brief, enigmatic piece for diapason and electronics by fellow-Austrian Lissie Rettenwander. The Austrian duo FS:eins of alto sax player Viola Falb and electronics player Bernd Satzinger changes the course to a free-improvisation that confronts the sax with raw, industrial sounds. Swiss baroque violinist Maya Homburger leads a quartet of double bass player-partner Barry Guy, and fellow Swiss, tenor sax player Jürg Wickihalder and drummer Lucas Niggli in a truly majestic cover of Steve Lacy’s «Art». Homburger concludes the first disc with a most beautiful solo version of J.S. Bach «Adagio», from the Violin Sonata No. 1 in G Minor, BWV 1001.
The second disc focuses on free-improvised pieces, informed by free jazz. The Swedish duo of baritone sax player Anna Högberg and double bass player Elsa Bergman, who plays in Högberg Attack, begin with a dark and melancholic piece. German violinist Gunda Gottschalk and accordionist Ute Völker continues with their impressive interpretation of an exotic Mongolian folk melody, followed by another released piece of the Octet of Slovenian, Amsterdam-based pianist Kaja Draksler (on Clean Feed), that bridges contemporary music with modern jazz. Austrian drummer Katharina Ernst offers a mysterious and highly resonating drone created by using only the prepared tamtam and German French horn player deepens this enigmatic vein with her extended breathing techniques, whispering, whining and shouting into her horn. The yet-to-recorded trio of Danish tenor sax player Lotte Anker, Korean, New york-based cellist Okkyung Lee and German drummer Paul Lovens adds a playful and imaginative free-improvisation that moves instantly between lyrical, chamber jazz to a heated and powerful interplay. Lee ends this inspiring collection with a hypnotic-meditation soundscape of computer generated sounds.
Salt Peanuts*